Das ehemalige Benediktinerkloster, gegründet im Jahre 1.085, beherbergt das Evangelische Seminar Blaubeuren.

Es sind nur wenige Schritte, in denen man vom „Blautopf“ zum ehemaligen Benediktinerkloster in Blaubeuren gelangt. Im Klosterhof umringen die alten Wirtschaftsgebäude einen von Linden gesäumten, großen Brunnen. Den Westrand des Hofes rahmt der ehemalige Klausurtrakt der Mönche. Noch liegt Nebel auf den Hängen der Schwäbischen Alb. Ephorus Jochen Schäffler, Schul- und Internatsleiter des Evangelischen Seminars Blaubeuren, empfängt die Besucher*innen. „Das Kloster wurde schon 1.085 gegründet“, erzählt er. „In den gut 900 Jahren, die seitdem vergangen sind, wurde dieses Gebäude aber länger als Schule, statt als Mönchsklausur genutzt!“ Vormittags sitzen die Schüler*innen, die „Semis“, im Unterricht. Das Seminar ist ein staatliches Gymnasium (Klasse 9-12) mit einem Internat in kirchlicher Trägerschaft, in dem alle Semis wohnen.

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Alles begann im Jahr 1556

Die Tradition der Schule ist in ihrem Profil noch gut ersichtlich: Neben Religion und Musik spielen die alten Sprachen eine wichtige Rolle.

Mit purer Begeisterung für sein/ihr Fach unterrichten die Lehrenden, bis der Funke überspringt.

Die Geschichte der Schule geht zurück auf das Jahr 1556: Damals ließ Herzog Christoph von Württemberg in den seit der Reformation leerstehenden Klöstern seines Territoriums Schulen errichten, erst einmal freilich nur für Jungs. Ziel war es, begabten Landeskindern mittels eines ausgeklügelten Stipendiensystems eine gute Ausbildung zu ermöglichen, um im Schwabenland den Nachwuchs an Pfarrern, aber auch Lehrern und Beamten sicherzustellen. Seit gut 200 Jahren nennt sich die Schule „Evangelisches Seminar Blaubeuren“. Ein Stipendium gibt es bis heute, denn es soll nicht vom Geld der Eltern abhängen, ob man das Seminar besuchen kann. Wer das Landesexamen besteht, bekommt ein Voll- oder Teilzeitstipendium und ab der 10. Klasse ist auch Schüler-BaFöG möglich. Und was ist mit den Mädchen? „1972 wurden die ersten Mädchen an unserer Schwesterschule in Maulbronn aufgenommen“, berichtet der Ephorus. „Heute stellen die Seminaristinnen mit knapp zwei Dritteln sogar die Mehrzahl unserer Schülerschaft!“

Profil: Über das Menschsein nachdenken

Die Tradition der Schule ist in ihrem Profil noch gut ersichtlich: Neben Religion und Musik („der ,DNA‘ unserer Schule“, wie es der Schulleiter nennt) spielen die alten Sprachen eine wichtige Rolle. Alle Seminarist*innen lernen ab Klasse 9 Griechisch als dritte Pflichtfremdsprache. Ein junger Griechischlehrer erklärt: „Mit den Texten der Griechen lernen wir, über das Menschsein nachzudenken. Zeitlose Fragen stehen dabei im Mittelpunkt: Wer bin ich? Was kann ich erreichen und wo liegen meine Grenzen?“ Man spürt, wie begeistert er von seinem Fach ist und wie der Funke auf die Klasse überspringt. Einige Semis wählen in Klasse 10 außerdem Hebräisch: Mit diesen Voraussetzungen sind die Schüler*innen für ein eventuelles Theologie-Studium optimal vorbereitet. „Es ist freilich nicht so, dass alle unsere Abiturienten den Weg ins Pfarramt wählen“, meint der Schulleiter. „Beliebte Studienfächer sind beispielsweise auch Medizin oder Musik, manche nehmen ein Lehramtsstudium auf oder machen eine Ausbildung.“

 

Mittagessen mit der Mathe-Lehrerin

Die Klosterglocke schlägt 13 Uhr – Mittagessenszeit am Seminar. Im „Refektorium“, dem Speisesaal, in dem auch schon die Benediktiner gegessen haben, trudeln die Jugendlichen ein. Es geht laut und fröhlich zu. Die Lehrenden sitzen bei den Schüler*innen an den Tischen, manche unterhalten sich über Unterrichtsthemen, andere aber auch über die Pläne für den Nachmittag oder andere Dinge. Man kennt sich gut: Die Lehrer*innen sind alle auch im Internat tätig, die meisten von ihnen wohnen auf dem Campus im Klosterhof, ganz in Nachbarschaft zu den Schüler*innen. Ist es nicht seltsam, mit seiner Mathe-Lehrerin zu Mittag zu essen? „Das dachte ich anfangs auch“, lacht eine Neuntklässlerin, „aber wir haben hier so ein gutes Miteinander. Wenn ich etwas im Unterricht nicht verstanden habe, dann kann ich während der Arbeitszeit nachmittags auf die Lehrenden zugehen und es mir noch einmal erklären lassen.“

Hier kann ich so sein, wie ich bin!

Nach dem Nachmittagsunterricht und der Hausaufgabenzeit gibt es viele Freizeitangebote im Evangelischen Seminar Blaubeuren.

Das, wonach alle Semis am Evangelischen Seminar Blaubeuren suchen, ist eine gute, starke Gemeinschaft.

Nach dem Nachmittagsunterricht und der Hausaufgabenzeit gibt es viele Freizeitangebote: Im Chor wird für einen Auftritt im Sonntagsgottesdienst geübt. Die Theater-AG probt das Stück „Die Welle“, das im Mai aufgeführt werden wird; dutzende Semis sind vor und hinter den Kulissen im Einsatz. Daneben wird auch Fußball gespielt und getanzt, gelesen und diskutiert. Eine Gruppe fährt mit dem Zug nach Ulm, um ins Kino zu gehen. „Die Gründe, warum Jugendliche zu uns kommen, sind ganz verschieden“, erläutert. J. Schäffler: „Manche wissen hier ihre musikalische Begabung gefördert, andere haben Interesse an religiösen Themen und Angeboten oder Spaß an Sprachen. Alle aber suchen eine gute, starke Gemeinschaft! Diese möchten wir immer wieder neu begründen.“ Emma aus Klasse 10 fasst es so in Worte: „Das Semi ist für mich: Werden und zu mir finden! Mit Menschen, die mir unglaublich schnell ans Herz gewachsen sind.“ Eine Mitschülerin ergänzt: „Ich habe schnell gemerkt: Hier kann ich so sein, wie ich bin!“

Eine starke Gemeinschaft

Mit Einbruch der Dunkelheit wird es ruhiger auf dem Klosterareal. Die Glocke lädt zur wöchentlichen Abendandacht. In der Klosterkirche versammeln sich die Semis: Sie nutzen das geschnitzte Chorgestühl aus dem 15. Jahrhundert. Die Seminarpfarrerin erzählt eine biblische Geschichte, ein Seminarist aus Klasse 11 begleitet die Lieder an der Orgel. Nach dem Segen machen die Tageslehrerin und der Tageslehrer ihre Runde durch die Häuser der Mädchen und Jungen. Zeit für eine letzte Frage: „Was heißt denn das Wort ,Ephorus‘ eigentlich?“ Der Schulleiter lacht. „In Württemberg ist es traditionell der Titel des Leiters einer evangelischen Bildungseinrichtung. Es bedeutet ungefähr so viel wie „einer, der die Menschen im Blick hat“. Aber ich finde: Das ist bei uns nicht nur die Aufgabe des Schulleiters, sondern der ganzen Seminargemeinschaft!“

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