Im Jahr 2022 haben wir, gemeinsam mit der Barbara-Schadeberg-Stiftung, die Vergabe von Schüler*innenstipendien zur gezielten Förderung einzelner Kinder und Jugendlicher ausgeschrieben. Für 1-3 Jahre konnten Stipendienmittel von bis zu 400 Euro pro Jahr beantragt werden. Diese Förderung ist Teil unseres mehrjährigen Projekts „Inklusion 2020+“, das darauf abzielt, Inklusion in evangelischen Schulen anzubahnen und dort, wo sie bereits gelebt wird, weiter zu unterstützen. Die Resonanz und Nachfrage nach unserem Förderprogramm für inklusive Schülerstipendien „Teilhabe ermöglichen – Stipendien für Hilfsmittel“ war hoch: Es erreichten uns über 30 Bewerbungen von Schulen in evangelischer Trägerschaft aus ganz Deutschland. Viele der Bewerbungen haben uns sehr berührt: Sie porträtieren die jeweiligen Schüler*innen mit ihren individuellen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Bewältigungsstrategien und spiegeln gleichzeitig das große Engagement an evangelischen Schulen wider! Manchmal reicht Engagement allein aber nicht aus, und es bedarf einer gezielten Förderung durch Dritte. Wir freuen uns, dass wir hier zielgenau unterstützen können und porträtieren daher in einer mehrteiligen Serie eine Auswahl der Kinder und Jugendlichen, die wir mit unserem Förderprogramm „Stipendien für Hilfsmittel“ in den kommenden 1-3 Jahren unterstützen.
Ab aufs Skateboard!
Im aktuellen Schuljahr 22/23 wurde am Evangelischen Montessori-Schulhaus Freiburg ein Workshop “Skateboarding“ angeboten. Im Rahmen dieses Workshops entstand die Idee, Leon* über unsere “Stipendien für Hilfsmittel“ ein eigenes Skateboard zur persönlichen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Diese Idee wurde sowohl von Leon sehr begeistert aufgenommen, als auch von den Eltern dankbar angenommen. Der Freizeitsport Skateboarding stellt für ihn im Moment ein stimmiges, soziokulturelles Ambiente dar, in dem er auf der einen Seite mit großer Motivation und Freude motorisch-koordinative Herausforderungen meistern kann. Auf der anderen Seite erfährt er Wertschätzung und Anerkennung in heterogenen Gruppenkonstellationen. Insbesondere der letztgenannte Aspekt konnte im Skateboarding-Workshop immer wieder deutlich beobachtet werden, was bei Leon zu noch ausgeprägterer Bereitschaft und wachsendem Selbstbewusstsein führte. Es macht ihm sichtlich Freude, mit seinem Skateboard unterschiedliche Terrains zu befahren und er gewinnt zunehmend an Sicherheit. Seine koordinativen Fähigkeiten, sein Gleichgewicht und seine Kraft-Ausdauer haben sich merklich gesteigert.
Christian Drüke, Fachlehrkraft mit dem Schwerpunkt körperlich-motorische Entwicklung: „Mit der zunehmenden Sicherheit auf dem Skateboard verbessert sich auch Leons Mut und seine Selbstsicherheit für die Bewegung. Mittlerweile kann er das Skateboard geschickt steuern, es gelingt ihm sogar, seine ersten “Anschwungstöße“ selbständig durchzuführen und seine Reaktionsfähigkeit nimmt stetig zu.“
Insgesamt profitiert Leon sehr von der Förderung durch die „Stipendien für Hilfsmittel“ und trägt diese Freude und Dankbarkeit mit in seine nächsten Schul- und Entwicklungsjahre.
Teilhabe durch Elektronische Kommunikationshilfen
Nele wurde im Schuljahr 2022/2023 in die 1. Klasse des Evangelischen Schulzentrums Muldental eingeschult. Aufgrund einer Hirnblutung im Alter von zwei Monaten hat Nele umfassende Förderbedarfe in den Bereichen Motorik, Sprache und Kognition. Über unser Schülerstipendium wollte das Schulzentrum die Möglichkeit schaffen, Nele die Nutzung von elektronischen Kommunikationshilfen nahezubringen. Technische Hilfen, die die aktive und passive Kommunikation unterstützen, müssen spielerisch eingeführt werden und die Nutzungsformen langsam angebahnt werden. Wenn dies gut gelingt, dann können weitere Funktionen rasch etabliert werden. Auch die soziale Interaktion kann auf diesem Wege gefördert werden. In beiden Entwicklungsbereichen, Kommunikation und soziale Teilhabe, ist eine Steigerung der Handlungsmöglichkeiten von Nele oberste Zielstellung gewesen.
Erste Erfolge
Nele hat auf alle Materialien positiv reagiert und sie mit ihrer Beschaffenheit gut angenommen. Vor allem im Umgang mit dem neu angeschafften Lichttisch zeigen sich vielfältige Anlässe zur Interaktion und Kommunikation. Als Medium spricht er nicht nur Nele besonders an, sondern weckt auch das natürliche Interesse und die Neugier anderer Kinder der Stammgruppe. Über den Lichttisch und das sprachlich begleitende Hantieren darauf treten die Mitschüler*innen kreativ mit Nele in den Dialog. Kontakt und soziale Teilhabe gestalten sich so ganz natürlich. Auch die neuen, tasterbasierten Kuscheltiere erwecken die Neugier der Kinder und bieten so vielfältige Einsatzmöglichkeiten auch für spielerische Interaktionen.
Für Nele ist dies eine ganz neue Erfahrung! So wie andere Kinder entdecken, dass Sie durch das Drücken des Lichtschalters Einfluss auf ihre Umgebung haben (und vielleicht ihre Eltern zu einer Reaktion auffordern können), so spürt Nele, dass Sie durch ihre bewusste Aktivität eine gezielte Reaktion erreichen kann. Zum Beispiel kann das Kuscheltier, das sie ansteuert, ihre Freundin zu einem gemeinsamen Spiel animieren. Über dieses Verständnis von gesteuerten Reizen und sich wiederholenden Reaktionen baut Nele ein inneres Bild von Kommunikationsmustern auf und kann dies auch auf andere, komplexere, Situationen übertragen. Diese nachhaltig weiterzuentwickeln ist das große Ziel für Nele und die Kolleg*innen am Evangelischen Schulzentrum Muldental.
*Name von der Redaktion geändert